Lentil // The Restaurant // Sydney
Das erste Mal ...
Das erste Mal laufen wir nur daran vorbei. Max und ich sind in Newtown, dem studentischen Stadtteil Sydneys, unterwegs. Er ist Filmstudent an der Sydney Film School, und ich helfe ihm bei der Realisierung. Nach all den Vorbereitungen für seinen Kurzfilm, wollten wir ein paar Utensilien in seine WG bringen und danach noch eine Kleinigkeit essen gehen, in einem besonderen Lokal. Doch heute waren wir zu spät, es hatte schon geschlossen. Gegessen haben wir woanders. Eines ist mir jedoch in Erinnerung geblieben. In diesem Restaurant zahlt man für sein Essen so viel wie man will. Das kannte ich so noch nicht! Super Idee! Leider hatte ich den Namen des Lokals vergessen. Und komischerweise konnte ich ihn mir auch nie merken, bis ich es besucht habe, eine Woche später.
Wir sind erneut in Newtown, drehen in einer Kirche. Da ich noch etwas Zeit habe, mache ich mich auf die Suche. Am Tage sehen die Straßen irgendwie anders aus. Oh, Mann! Zum Glück arbeitet mein visuelles Erinnerungsvermögen als Navi ganz gut! Ich finde es, spaziere hinein und spreche mit einem der Mitarbeiter. Wir verabreden uns für den kommenden Mittwoch. Dann werde ich aushelfen. Am Ende bin ich insgesamt dreimal dort. Zweimal habe ich im Restaurant geholfen. Einmal zu Abend gegessen. Da mich dieses Konzept begeistert, heiße ich Euch recht herzlich im „Lentil as Anything“ Willkommen - hier genießt man nicht nur das Essen, sondern eine ganz besondere Kultur!
Das „Lentil“ arbeitet auf Basis der Freigebigkeit und Großzügigkeit seiner Sponsoren, Partner, ehrenamtlichen Helfer und Gäste. Basierend auf den eigenen finanziellen Möglichkeiten, bezahlt man im Restaurant für sein Essen so viel wie es einem wert ist. Zusammenwachsen durch Respekt, Vertrauen, Verantwortung und Wertschätzung, so das Motto der Non-Profit-Organisation. Mit dieser Philosophie sind sie seit 13 Jahren sehr erfolgreich. Mal sehen, wie es sich für mich anfühlt.
Es ist Mittwoch. Ich stehe in der Küche. Sage -Hallo- und stelle mich vor. Unverzüglich werde ich eingewiesen. Fühle mich noch ein wenig hilflos. Doch keine Zeit zum Grübeln. Es gibt viel zu tun. In einer Stunde kommen die ersten Gäste, dann ist es 11 Uhr. Hier in Sydney gibt es Mittag- und Abendessen. Das Essen ist vegetarisch. Ich werde zum hinteren Ausgang geschickt. Die Lebensmittellieferung für den Tag ist da. Reis, Gemüse und Obst. Alles ist frisch. Gespendet von Geschäften und Märkten. Falls es mal nicht reicht, werden Lebensmittel dazu gekauft, erfahre ich. Nun gilt es alles geordnet in den schmalen Gang zu stellen, ohne die anderen zu behindern. Wow, denke ich, das ist ne Menge Holz ... und dann bin ich am Teig rühren. Dessert vorbereiten. Karotten-Muffins sollen es werden. Okay, wie jetzt? Wie geht das nochmal? Gemeinschaft bedeutet Hilfe. Geduldig bekomme ich eine weitere Einweisung. Ich wiege nach Ansage ab, nehme den großen Mixer und beginne mein Werk.
Hoffentlich wird es den Gästen schmecken, denke ich mir so. Ich, der weder backen noch kochen kann. Welch ein Vertrauen! Meist gibt es drei verschiedene Gerichte zur Auswahl. Daneben Dessert, frisch gepressten Saft, Wasser und Thai Tee. Ich fülle meine Teigmasse in die Formen. Sie wandern in den Ofen. Ich drücke die Daumen. Wünsche ihnen viel Erfolg und glückliche Gäste! Dann schäle ich Äpfel für eine weitere Nachspeise, die heute Abend oder Morgen bestellt werden kann. Hier in der Küche ist alles gut organisiert. Muss es auch. Und ich stelle fest, in Küchen muss kein rauer, hysterischer Ton herrschen. Es geht auch anders! Das Lokal füllt sich. Viele sind oft hier. Einige das erste Mal. Egal ob Studenten, Lehrer, Designerinnen, Geschäftsmänner oder -frauen, alle fühlen sich wohl in dieser Umgebung. Am Abend können es schon mal über 250 Gäste sein.
Doch wie und wie viel bezahlt man eigentlich? Was ist angemessen? Also Grundsätzlich entscheidet man selbst, wie viel Geld man geben möchte. Natürlich gibt es eine Art Richtlinie, die beschreibt, welche Kosten durch die Höhe des gezahlten Betrages abgedeckt werden. Das Motto hier: Geld soll verbinden, nicht trennen. Jeder, vom Helfer bis zum Gast, hat das Recht auf Wertschätzung. Hat man sich also für einen bestimmten Betrag entschieden, wirft man das Geld in die sogenannte „Magic Box“, die am Eingang des Restaurants aufgestellt ist. Ein großer Vertrauensbeweis. Doch es gibt auch Problem, sagt mir einer der Organisatoren. Speziell hier in Sydney nutzen zu viele Leute diese Chance aus, zahlen gar nichts oder zu wenig. Auch wenn es an einem Selbst liegt, vergessen viele das Essen Wert hat, eine Wertigkeit besitzt. Dieses Verständnis muss noch wachsen und es wird waschen, davon ist er überzeugt. Die Atmosphäre im Lokal ist sehr entspannt, locker und freundlich. So wie ich, kommen viele Leute ins Restaurant, um auszuhelfen. Ehrenamtlich versteht sich. Unser Lohn ist ein Mittagessen, das Gefühl etwas zu geben und die Chance coole Leute kennenzulernen. „Lentil“ kümmert sich aber auch um Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, keinen Job bekommen, aber etwas geben wollen. So erhalten zum Beispiel Langzeitarbeitslose in speziellen Trainingsprogrammen eine neue Perspektive.
Und so schaffen es die Organisatoren immer mehr Leute zu ermutigen, aktiv an der Gestaltung der städtischen Gemeinschaft und dem menschlichen Zusammenwachsen teilzunehmen. Es hat mich ermutigt ein zweites Mal wieder zu kommen. An einem weiteren Mittwoch konnte ich mein Talent im Servicebereich ausprobieren. Was mal mehr, mal weniger gut geklappt hat. Doch Spaß hatte ich auf jeden Fall. Und ich habe ein beeindruckendes Konzept kennengelernt! Australienweit gibt es mittlerweile fünf Restaurants. In Sydney und Preston jeweils eins. In Melbourne, dem Entstehungsort, drei.
Mein besonderer Dank geht an Roze für ihre Geduld sowie ans Team für eine wunderschöne und lehrreiche Zeit.
Mehr Infos:
http://lentilasanything.com
Cheers Michael
Das erste Mal laufen wir nur daran vorbei. Max und ich sind in Newtown, dem studentischen Stadtteil Sydneys, unterwegs. Er ist Filmstudent an der Sydney Film School, und ich helfe ihm bei der Realisierung. Nach all den Vorbereitungen für seinen Kurzfilm, wollten wir ein paar Utensilien in seine WG bringen und danach noch eine Kleinigkeit essen gehen, in einem besonderen Lokal. Doch heute waren wir zu spät, es hatte schon geschlossen. Gegessen haben wir woanders. Eines ist mir jedoch in Erinnerung geblieben. In diesem Restaurant zahlt man für sein Essen so viel wie man will. Das kannte ich so noch nicht! Super Idee! Leider hatte ich den Namen des Lokals vergessen. Und komischerweise konnte ich ihn mir auch nie merken, bis ich es besucht habe, eine Woche später.
Wir sind erneut in Newtown, drehen in einer Kirche. Da ich noch etwas Zeit habe, mache ich mich auf die Suche. Am Tage sehen die Straßen irgendwie anders aus. Oh, Mann! Zum Glück arbeitet mein visuelles Erinnerungsvermögen als Navi ganz gut! Ich finde es, spaziere hinein und spreche mit einem der Mitarbeiter. Wir verabreden uns für den kommenden Mittwoch. Dann werde ich aushelfen. Am Ende bin ich insgesamt dreimal dort. Zweimal habe ich im Restaurant geholfen. Einmal zu Abend gegessen. Da mich dieses Konzept begeistert, heiße ich Euch recht herzlich im „Lentil as Anything“ Willkommen - hier genießt man nicht nur das Essen, sondern eine ganz besondere Kultur!
Das „Lentil“ arbeitet auf Basis der Freigebigkeit und Großzügigkeit seiner Sponsoren, Partner, ehrenamtlichen Helfer und Gäste. Basierend auf den eigenen finanziellen Möglichkeiten, bezahlt man im Restaurant für sein Essen so viel wie es einem wert ist. Zusammenwachsen durch Respekt, Vertrauen, Verantwortung und Wertschätzung, so das Motto der Non-Profit-Organisation. Mit dieser Philosophie sind sie seit 13 Jahren sehr erfolgreich. Mal sehen, wie es sich für mich anfühlt.
Es ist Mittwoch. Ich stehe in der Küche. Sage -Hallo- und stelle mich vor. Unverzüglich werde ich eingewiesen. Fühle mich noch ein wenig hilflos. Doch keine Zeit zum Grübeln. Es gibt viel zu tun. In einer Stunde kommen die ersten Gäste, dann ist es 11 Uhr. Hier in Sydney gibt es Mittag- und Abendessen. Das Essen ist vegetarisch. Ich werde zum hinteren Ausgang geschickt. Die Lebensmittellieferung für den Tag ist da. Reis, Gemüse und Obst. Alles ist frisch. Gespendet von Geschäften und Märkten. Falls es mal nicht reicht, werden Lebensmittel dazu gekauft, erfahre ich. Nun gilt es alles geordnet in den schmalen Gang zu stellen, ohne die anderen zu behindern. Wow, denke ich, das ist ne Menge Holz ... und dann bin ich am Teig rühren. Dessert vorbereiten. Karotten-Muffins sollen es werden. Okay, wie jetzt? Wie geht das nochmal? Gemeinschaft bedeutet Hilfe. Geduldig bekomme ich eine weitere Einweisung. Ich wiege nach Ansage ab, nehme den großen Mixer und beginne mein Werk.
Hoffentlich wird es den Gästen schmecken, denke ich mir so. Ich, der weder backen noch kochen kann. Welch ein Vertrauen! Meist gibt es drei verschiedene Gerichte zur Auswahl. Daneben Dessert, frisch gepressten Saft, Wasser und Thai Tee. Ich fülle meine Teigmasse in die Formen. Sie wandern in den Ofen. Ich drücke die Daumen. Wünsche ihnen viel Erfolg und glückliche Gäste! Dann schäle ich Äpfel für eine weitere Nachspeise, die heute Abend oder Morgen bestellt werden kann. Hier in der Küche ist alles gut organisiert. Muss es auch. Und ich stelle fest, in Küchen muss kein rauer, hysterischer Ton herrschen. Es geht auch anders! Das Lokal füllt sich. Viele sind oft hier. Einige das erste Mal. Egal ob Studenten, Lehrer, Designerinnen, Geschäftsmänner oder -frauen, alle fühlen sich wohl in dieser Umgebung. Am Abend können es schon mal über 250 Gäste sein.
Doch wie und wie viel bezahlt man eigentlich? Was ist angemessen? Also Grundsätzlich entscheidet man selbst, wie viel Geld man geben möchte. Natürlich gibt es eine Art Richtlinie, die beschreibt, welche Kosten durch die Höhe des gezahlten Betrages abgedeckt werden. Das Motto hier: Geld soll verbinden, nicht trennen. Jeder, vom Helfer bis zum Gast, hat das Recht auf Wertschätzung. Hat man sich also für einen bestimmten Betrag entschieden, wirft man das Geld in die sogenannte „Magic Box“, die am Eingang des Restaurants aufgestellt ist. Ein großer Vertrauensbeweis. Doch es gibt auch Problem, sagt mir einer der Organisatoren. Speziell hier in Sydney nutzen zu viele Leute diese Chance aus, zahlen gar nichts oder zu wenig. Auch wenn es an einem Selbst liegt, vergessen viele das Essen Wert hat, eine Wertigkeit besitzt. Dieses Verständnis muss noch wachsen und es wird waschen, davon ist er überzeugt. Die Atmosphäre im Lokal ist sehr entspannt, locker und freundlich. So wie ich, kommen viele Leute ins Restaurant, um auszuhelfen. Ehrenamtlich versteht sich. Unser Lohn ist ein Mittagessen, das Gefühl etwas zu geben und die Chance coole Leute kennenzulernen. „Lentil“ kümmert sich aber auch um Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, keinen Job bekommen, aber etwas geben wollen. So erhalten zum Beispiel Langzeitarbeitslose in speziellen Trainingsprogrammen eine neue Perspektive.
Und so schaffen es die Organisatoren immer mehr Leute zu ermutigen, aktiv an der Gestaltung der städtischen Gemeinschaft und dem menschlichen Zusammenwachsen teilzunehmen. Es hat mich ermutigt ein zweites Mal wieder zu kommen. An einem weiteren Mittwoch konnte ich mein Talent im Servicebereich ausprobieren. Was mal mehr, mal weniger gut geklappt hat. Doch Spaß hatte ich auf jeden Fall. Und ich habe ein beeindruckendes Konzept kennengelernt! Australienweit gibt es mittlerweile fünf Restaurants. In Sydney und Preston jeweils eins. In Melbourne, dem Entstehungsort, drei.
Mein besonderer Dank geht an Roze für ihre Geduld sowie ans Team für eine wunderschöne und lehrreiche Zeit.
Mehr Infos:
http://lentilasanything.com
Cheers Michael