The AfrikaBurn Portrait
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Der Plan!
Hätte Hans, mein Mitbewohner nicht das wirkliche Bedürfnis gehabt zum Festival zu fahren, wäre ich so nie dorthin gekommen. Und hätten meine Mitbewohner im Hostel nie darüber gesprochen, hätte ich nicht mal gewusst, dass es so etwas überhaupt gibt. "AfrikaBurn" als afrikanisches Pendant zum amerikanischen "BurningMan". Ich habe keine Erwartungen, geschweige denn eine Idee, wie es dort ist oder was ich dort erlebe werde. Ich bin ganz ehrlich, so richtig Lust habe ich am Anfang nicht wirklich. Zum Einen wegen meines Budgets, dem Problem überhaupt noch Karten zu bekommen, der fehlenden Campingausrüstung, Essen, Kleidung, etc. zum Anderen die Frage, passe ich da überhaupt dazu? Doch ich entscheide alles irgendwie fließen zu lassen. Sollte mich mein Weg dorthin führen, dann wird das auch so stattfinden. Geplant ist mittwochs loszufahren, also drei Tage nach Beginn. Ab Montag versuchen wir über das Internet mögliche Restkarten zu erstehen. Viele sagen, dass es fast unmöglich ist oder der Preis viel zu hoch wäre. Tatsächlich können wir Beide jeweils noch eine Karte hier in Kapstadt zum offiziellen Verkaufspreis erstehen. Unser Gastgeber versorgt uns dazu mit einem Zelt, Matratzen und etwas Campingausrüstung, kostenlos! Am Mittwochmorgen tauschen wir das Auto. Aus einem Einser Golf wird ein kleiner Geländewagen, denn wir nehmen noch Sarah mit, die über Facebook eine Mitfahrgelegenheit gesucht hatte. Vollgepackt in Richtung "Tankwa-Town" wissen wir spätestens auf der über 100 km langen Schotterpiste, dass der Geländewagen die richtige Entscheidung ist. Wir erreichen das Camp bei Sonnenuntergang. Treffpunkt Nirgendwo! Wo zuvor nur eine Mondlandschaft war, empfangen uns jetzt übergroße Skulpturen, laute Musik, jede Menge Staub und tausende fröhliche, ausgelassene Menschen. |
Wir sind Afrika Burn!
Und selbst dabei! Unser Zelt liegt in einem der Aussenbereiche. Das Zentrum ist ein großer Platz mit wunderschönen Skulpturen, Installationen und verschiedensten Themenzelten. Eine Wüstenstadt der besonderen Art. Die nächsten Zeilen beschreiben meine Eindrücke und Empfindungen ungefiltert und zufällig. Jeder kann sich aus all den Wortfetzen eine ganz eigene Geschichte zaubern: "Wüste, sehr interessant, skurril, nette Leute, Leute, die Zufriedenheit ausstrahlen, Chaos, bunte Gewänder und Outfits, schöne Menschen, viele Generationen, Menschen, die Geld haben, Staub, Sonne, wunderschöne Sonnenuntergänge, hilfsbereite Menschen, Drogen, Alkohol, Trips, Musik, Shows, Einsamkeit, Beobachtungen, Erinnerungen, Inspirationen, die Macht und Faszination des Feuers, eigene Gedanken, Zugehörigkeit? Lässigkeit, Drama mit den Nachbarn, einmaliger Sternenhimmel, Blick auf die Milchsraße, fantastische Skulpturen, Plumpsklosetts in Outback, zu viel Essen, sowenig wie möglich essen, damit ich nicht zu oft aufs Klo muss, meine eigene Vergänglichkeit, Ängstlichkeit und Einsamkeit? Suche nach meinem Selbst. Hans, Sarah, André, Anton, Mario, Graig, Lisa, Rose, Christin, die Bekannten aus dem Hostel, die ich nie Wiedersehen werde. Wind, kühle Nächte, frieren, Parties, Staub, der Anfang meiner Reise, Sonnenbrillen, untereinander teilen, Fotoaktion mit Hans, Ruhe, innehalten, laute Nächte, Rave und House Musik, nackte Menschen, Expressionismus, Wildnis, deutsche Sprache, Afrikadeutsche, Lachen, sexy Körper. Straßen ins Nirgendwo, haushalten, aushalten, weitermachen, suchen, endlose Weite, 120 km Schotterpiste, beten, dass die Reifen halten, Wüstensturm, Staub in jeder Pore, ein Fest für alle Sinne, lodernde Feuer, Jubel, Haschkekse, wilde Tänze, sich kaum waschen können, brennende Sonne am Tage, Fahrräder, Geländewagen, lange Wege laufen, Gemeinschaft, Spaß, Wein, Grillen, Mystik, Klapperschlangen, Skorpione, die herumlaufen sollen, Zähneputzen in der Wildnis, grandioser Bergblick, Flugzeuge, die um das Camp fliegen." |
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Zurück in der normalen Welt
Am Mittwoch, fünf Tage zuvor, sind wir am Abend angekommen, haben ein Zelt aufgebaut, von dem wir nicht wussten, wie es überhaupt aussieht, haben uns eingerichtet und das Festival in vielen Facetten erlebt. Am Sonntag, mit starkem Wüstenwind, haben wir alles wieder eingepackt. Nachdem wir leider die Chance verpasst haben am frühen Vormittag abzureisen, blieb uns nur der Versuch am Nachmittag die Rückreise anzutreten, ohne im Stau zu stehen, denn ab 10 Uhr, so scheint es, brechen alle gleichzeitig auf. Eine endlose Karawane aus tausenden Autos, eingehüllt in Staub und Dreck. Gegen 14 Uhr fahren auch wir zurück in die normale Welt. Doch zuerst muss das Auto erneut die 120 km lange Schotterpiste ohne einen platten Reifen überstehen. Dieses eigentlich nicht all zu lange Teilstück kommt mir wie eine kleine Ewigkeit vor. Hans fährt fast nur auf der Überholspur. Mit dem Wunsch, alles möge gut gehen, halte ich meine Finger gekreuzt. Wir sind zurück in Kapstadt! Obwohl es nur zirka 300 km sind, haben wir über 6 Stunden gebraucht. Mittlerweile ist es schon dunkel. Gleich nach dem Auspacken freue ich mich jetzt nur noch auf die langersehnte heiße Dusche. Mit einem großen Lächeln wasche ich mir den Staub der letzen fünf Tage vom Körper. Dieses Festival war definitiv ein Hammererlebnis! |