ADam // Publisher // Wellington
"The first invited Refugees."
Adam Mantery, ein waschechter Neuseeländer, steht am Rednerpult. Und obwohl es seine Ausstellung ist, ist es die Geschichte seiner Eltern, seiner Elterngeneration, die während des zweiten Weltkrieges als Flüchtlinge Zuflucht in Neuseeland gefunden haben. Als Initiator und Kurator stellt er sie heute der Öffentlichkeit vor.
Der Raum füllt sich. Die Stühle reichen nicht. Es müssen weitere herbei geschafft werden. Die meisten Besucher sind entweder Augenzeugen oder deren Kinder. Fast alle kennen sich und begrüßen sich herzlich.
Adam ist sichtlich aufgeregt. Auch wenn es um Vergangenes geht, ist er doch ein Teil davon. Er, der damit aufgewachsen ist. Für mich ist diese Geschichte neu, die gerade jetzt beginnt lebendig zu werden. Seine Stimme stockt. Er muss sich räuspern. Setzt erneut an. Doch seine Kehle wird spürbar trockner und trockner.
Er sucht nach dem Glas Wasser unter seinem Rednerpult. Gleichzeitig versucht er weiter zu sprechen. Eine Pause erscheint ihm irgendwie unangenehm und unpassend. Doch seine Stimme versagt immer wieder und die Räusperer folgen in immer kürzeren Abständen. Dann nimmt er endlich den ersehnten Schluck aus dem Glas. Dieser Frosch im Hals muss doch verschwinden! Und tatsächlich, es wird besser. Erleichtert stellt er sein Glas ab und fährt mit seinem Vortrag fort.
Ich sitze als Zuhörer in der ersten Reihe und beobachte ihn. Ich bin berührt, kann seine Empfindungen spüren und sehr gut nachvollziehen. Und ich frage mich, welche emotionalen Empfindungen scheinen ihn am Weitersprechen zu hindern? Ich spüre diese Verbindung zu jener Zeit seiner Eltern, mit all ihren Ängsten, Leiden und Hoffnungen. Das ist irgendwie unheimlich. Da kann es einem schon mal die Kehle zuschnüren. Doch die Intension der Ausstellung ist eine andere.
Adam Mantery, ein waschechter Neuseeländer, steht am Rednerpult. Und obwohl es seine Ausstellung ist, ist es die Geschichte seiner Eltern, seiner Elterngeneration, die während des zweiten Weltkrieges als Flüchtlinge Zuflucht in Neuseeland gefunden haben. Als Initiator und Kurator stellt er sie heute der Öffentlichkeit vor.
Der Raum füllt sich. Die Stühle reichen nicht. Es müssen weitere herbei geschafft werden. Die meisten Besucher sind entweder Augenzeugen oder deren Kinder. Fast alle kennen sich und begrüßen sich herzlich.
Adam ist sichtlich aufgeregt. Auch wenn es um Vergangenes geht, ist er doch ein Teil davon. Er, der damit aufgewachsen ist. Für mich ist diese Geschichte neu, die gerade jetzt beginnt lebendig zu werden. Seine Stimme stockt. Er muss sich räuspern. Setzt erneut an. Doch seine Kehle wird spürbar trockner und trockner.
Er sucht nach dem Glas Wasser unter seinem Rednerpult. Gleichzeitig versucht er weiter zu sprechen. Eine Pause erscheint ihm irgendwie unangenehm und unpassend. Doch seine Stimme versagt immer wieder und die Räusperer folgen in immer kürzeren Abständen. Dann nimmt er endlich den ersehnten Schluck aus dem Glas. Dieser Frosch im Hals muss doch verschwinden! Und tatsächlich, es wird besser. Erleichtert stellt er sein Glas ab und fährt mit seinem Vortrag fort.
Ich sitze als Zuhörer in der ersten Reihe und beobachte ihn. Ich bin berührt, kann seine Empfindungen spüren und sehr gut nachvollziehen. Und ich frage mich, welche emotionalen Empfindungen scheinen ihn am Weitersprechen zu hindern? Ich spüre diese Verbindung zu jener Zeit seiner Eltern, mit all ihren Ängsten, Leiden und Hoffnungen. Das ist irgendwie unheimlich. Da kann es einem schon mal die Kehle zuschnüren. Doch die Intension der Ausstellung ist eine andere.
"Hoffnung auf eine sichere Bleibe."
Es soll eben nicht um deren Leiden davor gehen, die schrecklichen Erlebnisse in Polen oder Russland, gekennzeichnet durch Verlust und Hoffnungslosigkeit. Hier geht es um Hoffnung, das Leben im Camp als Zuflucht und Chance, sowie die spätere Integration in Neuseeland. Sein Vater Stanislav (Stan) ist heute auch im Publikum. Beide haben viel Zeit in dieses Projekt investiert. Zeitzeugen, deren Kinder und Kindeskinder befragt. Es ist Geschichte zum Anfassen.
Zwei Tage zuvor, habe ich mir diese Ausstellung im Museum in Wellington angesehen. - Der Kurator lädt zu einer Gesprächsrunde ein - hatte ich dabei gelesen. Und jetzt sitze ich in mitten dieser Flüchtlingsgeschichte.
1944. Der zweite Weltkrieg neigt sich erst langsam dem Ende. Ein Schiff mit 733 Kindern und Teenagern erreicht Neuseeland, dazu 102 Betreuer. Es sind polnische Flüchtlinge. Doch ihre Reise beginnt viel früher. Einige von ihnen waren da schon 5 Jahre unterwegs. 1939 erfolgten die ersten Deportationen im russischen Teil Polens, nachdem Deutschland und Russland, vor Beginn des Krieges, Polen untereinander aufgeteilt hatten.
Zunächst wurden sie nach Sibirien gebracht. Später dann weiter in den Iran, als die Alliierten bereits zusammengekämpft haben. Soweit ich es verstanden habe, waren viele dieser Kinder Weisen, einige von ihnen Angehörige der polnischen Armee.
Im Iran, einer Zwischenstation, die unter britischer Kontrolle war, harrten viele aus, nicht wissend wohin sie das weitere Schicksal führen wird. Staatenlos und Ohnmächtig. Die polnische Exilregierung in London stellte, auf Grund der katastrophalen Situation, einen Antrag an die Vereinigten Nationen, ihr bei der Suche nach sicheren Aufenthaltsmöglichkeiten behilflich zu sein. Einige wenige Länder, unter ihnen Neuseeland, erklärten sich bereit Flüchtlinge aufzunehmen.
Der damalige Premierminister Peter Fraser lud darauf hin diese Kinder und Betreuer ein, bis zum Ende des Krieges, in seinem Land bleiben zu dürfen. Und so erreichten sie, auf einem US-Kriegsschiff, zusammen mit anderen heimkehrenden neuseeländischen Soldaten, am 1.November 1944 den Hafen von Wellington. Nach einem großen und herzlichen Empfang, wurden sie in ein ehemaliges Kriegsgefangenenlager nach Pahiatua gebracht, das auf die Bedürfnisse der Neuankömmlinge umgebaut worden war. Für sie ein kleines Paradies. Auf Grund der politischen Situation am Ende des Krieges und deren weiteren Entwicklung, übernahm die neuseeländische Regierung die Fürsorge und stellte es den Kinder ihrerseits frei, nach dem 18 Lebensjahr, selbst zu entscheiden, Staatsbürger Neuseelands zu werden oder zurück nach Polen zu gehen. Viele entschieden sich für die Staatsbürgerschaft. Integration und Freiheit waren die Hauptargumente. Im Jahre 1952 wurde das Lager dann endgültig geschlossen. Heute, während dieser Gesprächsrunde, höre ich aufmerksam und erstaunt zu. Die hier Anwesenden Augenzeugen erzählen ernste, aber auch lustige Anekdoten.
So berichtet John: Damals kamen zwei polnische Regierungsbeauftragte, die die Lage im Camp einschätzen sollten. Ich saß gerade auf einem Zaun. Ich hatte natürlich keine Ahnung wer oder wie wichtig sie waren. Sie fragten, wie es mir hier gefällt, was ich vermisse, und ob ich mich wohlfühle. Ja, mir gefällt es hier, war meine naive Antwort. Es gab ja drei Mahlzeiten am Tag, und ich habe mich immer auf die Süßigkeiten gefreut. Einer der Beiden sagte darauf. Schön, dann bleib lieber hier, hier wird es dir besser gehen. Damals konnte ich das noch nicht vollkommen verstehen.
Von Stan erfahre ich, dass die neuseeländische Regierung, auf Grund der damaligen Erfahrungen, die Zahl 733 als Referenzgrundlage ihrer Flüchtlingspolitik betrachtet.
Sie wissen, wie viele sie aufnehmen können, fügt er mit einem verschmitzten Lächeln hinzu. Wobei die heutige Regierung durchaus bereit ist eine größere Anzahl an Flüchtlingen aufzunehmen, speziell Klimaflüchtlinge. Doch auf Grund der Abgeschiedenheit Neuseelands beantragen pro Jahr im Moment nur etwa 300 Flüchtlinge Asyl.
In Adams Augen sehe ich Zufriedenheit. Aus seiner anfänglichen Idee nur eine kleine Präsentation für die polnische Gemeinde zu machen, steht jetzt am Ende ein Buch und eine Ausstellung, die ihre Reise zurück nach Polen beginnt. Am Ende dieser Gesprächsrunde beobachte ich viele beeindruckte und auch stolze Menschen, die sich mit dieser Ausstellung anerkannt, gewürdigt und wertgeschätzt fühlen.
Herzlichen Dank für diese Inspiration!
Michael
Weitere Infos:
http://www.nzhistory.net.nz/media/video/pahiatuas-little-poland-roadside-stories
Es soll eben nicht um deren Leiden davor gehen, die schrecklichen Erlebnisse in Polen oder Russland, gekennzeichnet durch Verlust und Hoffnungslosigkeit. Hier geht es um Hoffnung, das Leben im Camp als Zuflucht und Chance, sowie die spätere Integration in Neuseeland. Sein Vater Stanislav (Stan) ist heute auch im Publikum. Beide haben viel Zeit in dieses Projekt investiert. Zeitzeugen, deren Kinder und Kindeskinder befragt. Es ist Geschichte zum Anfassen.
Zwei Tage zuvor, habe ich mir diese Ausstellung im Museum in Wellington angesehen. - Der Kurator lädt zu einer Gesprächsrunde ein - hatte ich dabei gelesen. Und jetzt sitze ich in mitten dieser Flüchtlingsgeschichte.
1944. Der zweite Weltkrieg neigt sich erst langsam dem Ende. Ein Schiff mit 733 Kindern und Teenagern erreicht Neuseeland, dazu 102 Betreuer. Es sind polnische Flüchtlinge. Doch ihre Reise beginnt viel früher. Einige von ihnen waren da schon 5 Jahre unterwegs. 1939 erfolgten die ersten Deportationen im russischen Teil Polens, nachdem Deutschland und Russland, vor Beginn des Krieges, Polen untereinander aufgeteilt hatten.
Zunächst wurden sie nach Sibirien gebracht. Später dann weiter in den Iran, als die Alliierten bereits zusammengekämpft haben. Soweit ich es verstanden habe, waren viele dieser Kinder Weisen, einige von ihnen Angehörige der polnischen Armee.
Im Iran, einer Zwischenstation, die unter britischer Kontrolle war, harrten viele aus, nicht wissend wohin sie das weitere Schicksal führen wird. Staatenlos und Ohnmächtig. Die polnische Exilregierung in London stellte, auf Grund der katastrophalen Situation, einen Antrag an die Vereinigten Nationen, ihr bei der Suche nach sicheren Aufenthaltsmöglichkeiten behilflich zu sein. Einige wenige Länder, unter ihnen Neuseeland, erklärten sich bereit Flüchtlinge aufzunehmen.
Der damalige Premierminister Peter Fraser lud darauf hin diese Kinder und Betreuer ein, bis zum Ende des Krieges, in seinem Land bleiben zu dürfen. Und so erreichten sie, auf einem US-Kriegsschiff, zusammen mit anderen heimkehrenden neuseeländischen Soldaten, am 1.November 1944 den Hafen von Wellington. Nach einem großen und herzlichen Empfang, wurden sie in ein ehemaliges Kriegsgefangenenlager nach Pahiatua gebracht, das auf die Bedürfnisse der Neuankömmlinge umgebaut worden war. Für sie ein kleines Paradies. Auf Grund der politischen Situation am Ende des Krieges und deren weiteren Entwicklung, übernahm die neuseeländische Regierung die Fürsorge und stellte es den Kinder ihrerseits frei, nach dem 18 Lebensjahr, selbst zu entscheiden, Staatsbürger Neuseelands zu werden oder zurück nach Polen zu gehen. Viele entschieden sich für die Staatsbürgerschaft. Integration und Freiheit waren die Hauptargumente. Im Jahre 1952 wurde das Lager dann endgültig geschlossen. Heute, während dieser Gesprächsrunde, höre ich aufmerksam und erstaunt zu. Die hier Anwesenden Augenzeugen erzählen ernste, aber auch lustige Anekdoten.
So berichtet John: Damals kamen zwei polnische Regierungsbeauftragte, die die Lage im Camp einschätzen sollten. Ich saß gerade auf einem Zaun. Ich hatte natürlich keine Ahnung wer oder wie wichtig sie waren. Sie fragten, wie es mir hier gefällt, was ich vermisse, und ob ich mich wohlfühle. Ja, mir gefällt es hier, war meine naive Antwort. Es gab ja drei Mahlzeiten am Tag, und ich habe mich immer auf die Süßigkeiten gefreut. Einer der Beiden sagte darauf. Schön, dann bleib lieber hier, hier wird es dir besser gehen. Damals konnte ich das noch nicht vollkommen verstehen.
Von Stan erfahre ich, dass die neuseeländische Regierung, auf Grund der damaligen Erfahrungen, die Zahl 733 als Referenzgrundlage ihrer Flüchtlingspolitik betrachtet.
Sie wissen, wie viele sie aufnehmen können, fügt er mit einem verschmitzten Lächeln hinzu. Wobei die heutige Regierung durchaus bereit ist eine größere Anzahl an Flüchtlingen aufzunehmen, speziell Klimaflüchtlinge. Doch auf Grund der Abgeschiedenheit Neuseelands beantragen pro Jahr im Moment nur etwa 300 Flüchtlinge Asyl.
In Adams Augen sehe ich Zufriedenheit. Aus seiner anfänglichen Idee nur eine kleine Präsentation für die polnische Gemeinde zu machen, steht jetzt am Ende ein Buch und eine Ausstellung, die ihre Reise zurück nach Polen beginnt. Am Ende dieser Gesprächsrunde beobachte ich viele beeindruckte und auch stolze Menschen, die sich mit dieser Ausstellung anerkannt, gewürdigt und wertgeschätzt fühlen.
Herzlichen Dank für diese Inspiration!
Michael
Weitere Infos:
http://www.nzhistory.net.nz/media/video/pahiatuas-little-poland-roadside-stories